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Keine Patentrezepte – Bundestagswahl: Alzenauer Kolping rückt bei ihrer Podiumsdiskussion die Familienpolitik in den Fokus

 

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Bild: Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl mit (von links) Moderator Georg Grebner, Andreas Parr (SPD), Helmut Kaltenhauser (FDP), Andrea Lindholz (CSU) und Stefan Wagener (Grüne). Für die Zeitkontrolle an der Ringeruhr sorgte Heike Roßkamp (nicht auf dem Bild). Foto: Harald Schreiber

 

 

Zum Leitbild des Kolpingwerkes gehören die Aussagen »Wir verstehen uns als Anwalt für Familie« und »Wir prägen als katholischer Sozialverband die Gesellschaft mit«. Folgerichtig werde der Diskussionsschwerpunkt auf die Familienpolitik gelegt, erklärte Alzenaus Kolping-Vorsitzender Thomas Röhrs bei der Begrüßung der 60 Zuhörer. »Wir leisten Lobbyarbeit für die Familien«, griff Georg Grebner auf dem Podium den Faden auf.

Das Familienbild in unserer Gesellschaft hat sich gewandelt. Allen ist klar, dass mit dem traditionellen »Vater-Mutter-Kind(er)-Muster« die Lebensmodelle im Lande nicht mehr gänzlich abzubilden sind. Einigkeit auch darin, dass andere Lebensformen zu akzeptieren sind - aber das klassische Familienmodell keineswegs antiquiert ist. Konfliktstoff bot das Detail, wie die Anerkennung alternativer Lebensformen in der Praxis aussieht. Während für Stefan Wagener die gesellschaftliche Entwicklung sich rechtlich und steuerlich auswirken muss, ist für Andrea Lindholz die Abschaffung des Ehegattensplittings, wie es die Grünen wollen, nicht zu machen.

 

Was läuft falsch im Land, wenn es immer weniger Kinder gibt und das Interesse, Kinder zu haben, mit steigenden Bildungsniveau abnimmt?

Helmut Kaltenhauser empfiehlt den Blick nach Frankreich, wo eine Babypause nicht das Ende der Karriere bedeute. Wenn man sich für ein Kind entscheide und nach einer Auszeit wieder in den Beruf wolle, »muss man wissen, dass man keinen Nachteil hat«.

Andreas Parr nennt einen weiteren Aspekt: Viele junge Paare können nicht mehr planen, weil sie lediglich befristete Arbeitsverträge haben. Wer treffe schon derart grundlegende Entscheidungen, »wenn er nicht weiß, ob er im nächsten Jahr noch Arbeit hat«? Stefan Wagener sieht in Bayern Aufholbedarf bei der Entwicklung von Betreuungs- und Ganztagsangeboten, während Andrea Lindholz meint, dass in Sachen Betreuung in den vergangenen Jahren »sehr viel erreicht« worden und man nicht am Ende des Weges sei.

Das von Moderator Georg Grebner angestoßene Thema »Demografiewandel« gab Anlass für eine Krankenversicherungs- und Rentendiskussion. Auch hier nahm Andrea Lindholz die Rolle als Bewahrerin der bestehenden Ordnung ein (Zitat: »Gute Löhne - gute Rente«), während ihre drei männlichen Mitbewerber mehr Reformbereitschaft an den Tag legten.

So regt Kaltenhauser beim Rentensystem einen »Systemwechsel« an: »Der Staat muss anfangen, etwas zurückzulegen.« Bei der Frage des Renteneintrittsalters will er flexiblere Lösungen. So sei es »unsinnig«, Mitarbeiter nach Hause zu schicken, die auch mit 67 noch tätig sein wollen. Bei allen Vorschlägen sei zu beachten: »Umverteilungen machen die Motivation auf der anderen Seite kaputt.«

Andreas Parr fordert mit seiner Partei eine Mindestrente von 850 Euro und den möglichen Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren. »Die Lebensleistung dieser Menschen ist zu achten.« Wie denn die SPD die Mindestrente finanzieren wolle, mochte Andrea Lindholz wissen. Die Rente sei ein »Spiegelbild der Lebensleistung«, so die Unionspolitikerin. Lindholz warnt davor, aus dem Steuer- (und nicht aus dem Rententopf) dauerhaft für Renten zahlen zu wollen. »Kein Staat kann auf Dauer für etwas bezahlen, was nicht geleistet wurde.«

Dieses Problem entschärfe sich, wenn die Union endlich beim Thema Mindestlohn mitgehen würde, empfiehlt Andreas Parr und hat dabei die Rückendeckung von Stefan Wagener, der in der schwarz-gelben Wirtschaftspolitik wenig familienfreundliches erkennen kann. Sein Beispiel: Die Region habe in der Finanz- und Bankenkrise 5000 sozialversicherungspflichtige Jobs verloren. Stattdessen gäbe es 5000 neue »prekäre« (also unsichere, weil widerrufliche) Arbeitsverhältnisse. Zwar stimme Lindholz das Lied von den guten Löhnen für gute Arbeit an, »tatsächlich läuft es doch gerade in die andere Richtung - und das ist ihre Politik«, so Wagener zur CDU-Kandidatin.

Andrea Lindholz hingegen mag nicht erkennen, was am grünen Ziel der Steuererhöhung familienfreundlich sein soll. Michael Müller, Mainecho

 

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